Bryan Adams
Bryan Adams, 60, ist einer der erfolgreichsten Rockmusiker der Welt. Ende der Neunzigerjahre startete der gebürtige Kanadier außerdem eine Karriere als Porträt- und Mode-Fotograf. Adams ist Veganer und engagiert sich für die Tierschutzorganisation PETA.
"Weil die Frühjahrsauftritte meiner Welttournee verschoben wurden und Studiotermine auch nicht möglich waren, habe ich die letzten Wochen in unserem Haus auf Mustique verbracht. Die meiste Zeit davon im Garten, wo ich Gemüse anbaue. Mein aktueller Favorit ist Schwarzkohl. Er schmeckt köstlich und ist ein weiterer Beweis dafür, wie genussvoll Verzicht sein kann.
Ich habe mich mit 28 bewusst entschieden, auf tierische Produkte zu verzichten. Es ist eine Lebenseinstellung geworden. Ich unterstütze vegane Marken, von denen es immer mehr gibt, und wünsche mir, dass auch die High-Fashion-Branche noch mehr auf nachhaltige Angebote setzt. Natürlich würde es mich freuen, wenn nach der Krise mehr Menschen zu Vegetariern würden. Aber ich fürchte, das wird nicht passieren."
Reinhold Messner
Reinhold Messner, 75, ist einer der bekanntesten Extrembergsteiger der Welt, außerdem Abenteurer und Autor. Der gebürtige Südtiroler betreibt in seiner Heimat das Messner Mountain Museum.
"Mein Alpinismus baut auf eine Haltung, in der Verzicht im Mittelpunkt steht: Verzicht auf Trägerhilfe, Steighilfen wie Bohrhaken und Sauerstoffflaschen sowie Drogen. Es geht mir dabei nicht um richtig oder falsch, noch weniger um irgendeine Moral, es geht um einen Wert, der mir mein Tun wertvoller, ja großartig erscheinen lässt.
Nicht nur, weil ich mir kostspielige Reisen zu den Bergen der Welt nicht hätte leisten können, sondern vor allem, weil er tiefere Erfahrungen in der Auseinandersetzung zwischen Menschen- und Bergnatur schenkt, ist Verzicht ein positiver Wert in meiner Lebenshaltung geworden. In Juval in Südtirol lebe ich als Selbstversorger und so nachhaltig wie möglich. Bei meinen Reisen durch Gebirge und Wüsten bin ich wie die Halbnomaden mit einem Minimum an Ballast unterwegs, um beweglicher und schneller, vor allem ressourcenschonender zu sein. Erst der Verzicht ermöglicht mir die Freiheit aufzubrechen, wohin ich will.
Eine Rundwanderung in den heimatlichen Dolomiten, dort, wo die vielen anderen nicht sind und ich auf alles bis auf eine Regenjacke verzichten kann, erspart mir den Konsum."
Jonathan Meese
Jonathan Meese, 50, gilt als einer der aktivsten zeitgenössischen Künstler. Seine Werke umfassen Malerei, Bildhauerei, Installation, Videokunst, Performances und Theater. Er arbeitete mit Künstlern wie Daniel Richter oder Jörg Immendorff zusammen. Meese lebt mit seiner Mutter und seiner Partnerin in Ahrensburg und Berlin.
Ray Schaltz
Elle Fanning
Elle Fanning, 22, Model und Schauspielerin ("Der seltsame Fall des Benjamin Button"), steht seit ihrem zehnten Lebensjahr vor der Kamera, dank ihrer großen Schwester Dakota ("Ocean’s 8"). Aktuell ist sie in der Serie "The Great" auf Starzplay zu sehen.
"Meine Schwester Dakota und ich malen im Moment sehr viel. Seit der Krise stehen überall Leinwände im Haus herum - was vorher nicht der Fall war. Normalerweise hegt bei uns keiner große Leidenschaft fürs Malen, aber in der Pandemie haben wir es für uns entdeckt. Wer weiß, vielleicht sucht sich Kreativität neue Ventile - Dakota und ich konnten ja schließlich keine Filme mehr drehen.
Meine Schwester hat bislang in New York gewohnt und ich mit meiner Mutter und Großmutter zusammen im Umland von Los Angeles. Nun sind wir vier Frauen unter einem Dach, überall stehen Bilder, Farbtöpfe und Pinsel herum. Diese Utensilien werde ich immer mit der Krise verbinden. Verrückt, wie sich Fantasie schlagartig anderweitig austobt, sich eine neue Kunst sucht, wenn man auf die Schauspielerei verzichten muss."
Jean Remy von Matt
Jean Remy von Matt, 68, wurde mit Slogans wie "Geiz ist geil" (Saturn) zum bekanntesten Werber Deutschlands. 1991 gründete er mit Holger Jung die Werbeagentur Jung von Matt. Er ist Schweizer, lehrt in Wismar und lebt in Hamburg und Berlin.
"Verzicht ist meine Verjüngungspille, mein Psycho-Botox. Immer wenn ich auf Stil, Komfort und Luxus verzichte, fühle ich mich wieder jung und wild, bis zu 50 Jahre zurückgebeamt in Zeiten, wo Verzicht für mich alternativlos war. Am besten klappt das auf einsamen Geschäftsreisen, wo ich keine Rücksicht auf naserümpfende Kollegen nehmen muss. Dann nehme ich mir Zimmer, die alles haben, was man braucht - außer Body Lotion, Schuhlöffel und Lebendpflanze.
Gerade war ich in Landau in einem Hotel, das mal ein Seniorenheim war. Danach in Düsseldorf in dem Bahnhofshotel, wo ich schon mit 22 als Tramper schlief. Zuletzt im Ibis-Budget-Hotel in Magdeburg-Barleben: eine unvergessliche Nacht für unvergessliche 34 Euro (ohne Frühstück). Geiz mag geil sein, aber Verzicht ist geiler."
Paolo Tumminelli
Paolo Tumminelli, 54, ist Direktor des Goodbrands Institute für Automobilkultur. Der gebürtige Italiener lehrt als Professor für Designkonzepte an der Technischen Hochschule Köln.
"Der Fiat Panda war weiß Gott nicht mein Jugendtraum. Als er 1980 vorgestellt wurde, war ich 14, und da mag man keine Kleinwagen mit zwei Zylindern und 30 PS. Erst später habe ich seine Qualität erkannt, die vor allem im Verzicht auf alles Überflüssige liegt.
Verzicht ist für mich Rückbesinnung auf Wertigkeit und auf die Grundidee der Gestaltung: Die Panda-Konstrukteure hatten die Vorgabe, ein Auto zu entwickeln, das fünf Personen - oder eine Person mit viel Gepäck - transportieren kann. Daraus ergab sich die Form. Der Panda ist optimal für seinen Zweck gestaltet.
In Italien habe ich zwei Exemplare der ersten Serie. Sie sind perfekt, um schnell herumzufahren. So ein kleines Auto bereitet in der Stadt viel Vergnügen. Mit 700 Kilo macht selbst die Runde um den Kreisverkehr Spaß. Parken ist extrem einfach. Und wo ich auch hinkomme, das Auto weckt Sympathien.
Natürlich merkt man dem Panda an, dass sein Konzept mehr als 40 Jahre alt ist. Der Komfort, die Solidität - das alles müsste man an die aktuellen Bedürfnisse anpassen. Mit einer etwas besseren Konstruktion wäre der Ur-Panda aber heute noch zeitgemäß.
Der kleine Fiat hat sogar eine Zielgruppe erreicht, für die er gewiss nicht konstruiert war: Selbst der frühere Fiat-Boss Gianni Agnelli fuhr während der Skiferien einen Allrad-Panda. Und wissen Sie, wo das Jahrestreffen der Panda-4x4-Besitzer stattfindet? In St. Moritz."
Ray Schaltz
Leyla Piedayesh
Leyla Piedayesh, 49, hat sich als deutsche Modedesignerin weltweit einen Namen gemacht. Sie stammt aus Iran, gründete 2004 in Berlin ihr Label Lala Berlin, das mit Kaschmir-Schals im Palästinenser-Look bekannt wurde. Sie lebt mit ihrer Tochter in der Hauptstadt.
"Ich habe mir einen Berg neuer Literatur angeschafft. In diesen Zeiten finde ich es wichtig, Bücher zu lesen, die dem Leben einen Sinn geben, einen berauschen und motivieren. Von Yuval Noah Hararis '21 Lektionen für das 21. Jahrhundert' über John Streleckys Reihe 'Wiedersehen im Café am Rande der Welt' bis hin zu Mehdi Maturis 'In den Iran. Zu Fuß. Ohne Pass.' oder Sven Marquardts Autobiografie 'Die Nacht ist Leben' ist eigentlich alles dabei. Bei dem Stapel brauche ich keinen Fernseher mehr, keine Serienmarathons, alle Sendungen erscheinen dagegen sinnlos."
Cornelia Poletto
Cornelia Poletto, 48, ist eine der besten deutschen Köchinnen. Sie lebt in Hamburg, kocht im TV und für Shows, betreibt Restaurants, Feinkostläden, eine Kochschule und schreibt Bücher.
"Verzicht klingt nach Anstrengung und wenig Spaß. Für mich ist Verzicht dagegen positiv besetzt - er bedeutet, sich auf das Wesentliche, das wirklich Wichtige zu konzentrieren. Und dazu gehört für mich eindeutig Parmesan. Ich bin ein Käse-Junkie und würde eher auf Schokolade verzichten als auf meinen geliebten Parmigiano Reggiano. Nicht nur, weil er so vielseitig in der Küche (nicht nur der italienischen) einzusetzen ist, sondern weil er mir wie ein guter Freund über Heißhunger-Attacken hinweghilft, wenn ich mal wieder auf Diät bin. Und weil er mich schlicht und ergreifend glücklich macht.
Es gibt ihn schon seit rund 1000 Jahren, seine Herstellung ist eine Philosophie für sich. So darf für einen echten Parmesan nur Rohmilch von Kühen verwendet werden, die aus der Region Emilia Romagna stammen und sich ausschließlich von frischem Gras und Heu ernähren. Und obwohl in einem Laib rund 550 Liter Milch stecken, ist das fertige Produkt laktosefrei.
Wer auf Kohlenhydrate verzichten möchte, kann ebenfalls bedenkenlos zu Parmesan greifen, denn er hat keine. Dafür stecken in ihm jede Menge Würze und Wohlgefühl. Parmesan kann ein Gericht abrunden und aufpeppen oder es als essenzielle Grundlage sogar ausmachen. Am besten schmeckt er mir jedoch ganz pur. Wenn ich an meinen Kühlschrank gehe, mir ein Stück herausbreche und die Augen schließe, führt mich der erste Biss in die Emilia Romagna."
Lidewij "Li" Edelkoort
Lidewij "Li" Edelkoort, 69, ist Trendforscherin mit Büros in New York, Paris und Tokio. Die Niederländerin berät seit den Siebzigerjahren Unternehmen wie Estée Lauder, Coca-Cola, Rado oder Gap und gilt als Orakel der Mode.
"Wir werden unsere Werte zurücksetzen, werden unsere Geschwindigkeit reduzieren. Wir werden lernen, mit weniger zu leben, selbstbestimmter und achtsamer. Besitztum und das Horten von Kleidung oder Autos ist bei der jüngeren Generation längst nicht mehr attraktiv. Unser Konsum geht in Quarantäne, und wir werden lernen, glücklich zu sein mit einem einfachen Kleid, werden alte Lieblingsstücke wiederentdecken, vergessen geglaubte Bücher erneut lesen und kochen, um das Leben schön zu gestalten. Wir werden von null anfangen und alles neu aufbauen müssen, ich hoffe besser."
Carlo Capasa
Carlo Capasa, 62, Mailänder Unternehmer und seit 2015 Präsident der italienischen Modekammer Camera Nazionale della Moda. In dieser Funktion vertritt er die Interessen der italienischen Modeindustrie, fördert Talente, organisiert Ausstellungen und Modeschauen. Mit seinem Bruder gründete und führte er das Label Costume National.
"Das iPad verkörpert für mich mit seiner flachen, minimalistischen Form den Verzicht von Raum, es wirkt fast zweidimensional, meidet jedes Dekor und setzt auf Nichtfarben wie Weiß, Schwarz oder Silber. Das iPad steht auch für den Verzicht auf sonstige Arbeitsutensilien wie Telefon, PC, Kalender, Kamera, Notizblock. Es ersetzt viele Objekte und Dienstleistungen gleichzeitig, lässt uns interagieren, überall erreichbar sein, es schenkt uns mehr Zeit, Platz und Möglichkeiten. Alles auf einem Bildschirm. Mit nur einem Klick. Danke an die Apps."
July 03, 2020 at 08:23AM
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Prominente über Genügsamkeit: "Im Verzicht auf alles Überflüssige liegt eine Qualität" - DER SPIEGEL
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